Fachkräftemangel für MINT-Berufe: Migrantinnen bieten Potenzial

Der Mangel an qualifizierten Fachkräften

Die Bedeutung von Fachkräften im Digitalisierungs- und MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist für die deutsche Wirtschaft von enormer Wichtigkeit. Eine aktuelle Umfrage unter Migrantinnen in Deutschland zeigt das Potenzial, das diese Gruppe zur Schließung der Fachkräftelücke beitragen kann.

Der Fachkräftemangel in Deutschland ist ein bekanntes Problem, insbesondere in Digitalisierungsberufen und im MINT-Sektor. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft beträgt die Quote der unbesetzten Stellen in Digitalisierungsberufen derzeit 63 Prozent. Das bedeutet, dass mehr als sechs von zehn offenen Stellen nicht besetzt werden können, da es an qualifizierten Arbeitskräften fehlt.

Im MINT-Bereich zeigt sich ein ähnliches Bild: Im März 2024 waren immer noch 449.300 Stellen nicht besetzt. Gleichzeitig suchten nur 213.900 Personen mit entsprechender Qualifikation eine Beschäftigung. Dadurch zeigt sich eine Lücke an qualifizierten Bewerbenden von 244.400 in diesem Bereich.

Migrantinnen könnten eine Lösung darstellen

Ein bedeutender Faktor, der die MINT-Lücke nicht noch größer ausfallen lässt, ist die Zuwanderung. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Zuwanderer ist von 2012 bis 2023 um über 110 Prozent gestiegen, während die Beschäftigung deutscher Arbeitskräfte im gleichen Zeitraum nur um 7,5 Prozent zulegte.

Um genau das Thema noch genauer zu untersuchen, führte Match Talent im Mai 2024 eine Studie unter 225 weiblichen Migranten durch. Bei Match Talent handelt es sich um eine Initiative von Lingoda und Kiron, die internationale Talente bei der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt unterstützt. 

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass unter den befragten Personen ein großes Interesse an Weiterbildungen im Digitalisierungs- und MINT-Bereich besteht. Besonders gefragt sind Weiterbildungen in Datenanalyse und Wissenschaft (14,7 Prozent), IT und Projektmanagement (je 12,4 Prozent) sowie Finanzen (11,6 Prozent). 

 

Gewünschte Weiterbildungen:

1. Datenanalyse & Wissenschaft 14,7 Prozent
2. IT & Projektmanagement 12,4 Prozent
3. Finanzen 11,6 Prozent
4. Online-Marketing 7,6 Prozent
5. Personalwesen  4,4 Prozent
6. Webentwicklung/UX und UI  4,0 Prozent
7. Erneuerbare Energien 3,1 Prozent
8. Innovation/Digitalisierung 1,8 Prozent
9. Sales 0,4 Prozent
10. Weitere 23,6 Prozent

Herausforderungen und Chancen

Die Umfrage offenbart jedoch auch die Herausforderungen, denen viele Migrantinnen in Deutschland gegenüberstehen. Fast ein Drittel der Befragten (32 Prozent) gab an, dass das Erlernen der deutschen Sprache das größte Hindernis für sie sei, gefolgt von der Schwierigkeit, einen neuen Job zu finden (30,7 Prozent) und dem Zugang zu staatlich geförderten Weiterbildungen (12,4 Prozent).

Um diese Herausforderungen zu meistern, wünschen sich viele Migrantinnen konkrete Unterstützung bei der Jobsuche (44,4 Prozent) und Zugang zu staatlich geförderten Weiterbildungen (28,9 Prozent). Darüber hinaus sind Kursberatungen (44,4 Prozent) und Hilfe bei Terminen mit dem Jobcenter bzw. der Bundesagentur für Arbeit (31,6 Prozent) von großer Bedeutung.

 

Was ist das größte Hindernis für dich, um eine Karriere in Deutschland zu beginnen? (Einfachauswahl) 

1. Deutsch lernen  32,0 Prozent
2. Neuen Job finden  30,7 Prozent
3. Staatlich geförderte Weiterbildungen zu finden  12,4 Prozent
4. Anerkennung des Abschlusses/Berufs in Deutschland  6,2 Prozent
5. Integration in die deutsche Gesellschaft  4,9 Prozent
6. Unterstützung beim Jobcenter/Agentur für Arbeit  3,6 Prozent
7. Probleme mit dem Visum 2,7 Prozent
8. Eine Gemeinschaft finden, die unterstützt 2,2 Prozent
9. Bei Flucht aus Heimatland Unterstützung beim Status  1,8 Prozent
10. Sonstige Hindernisse 3,6 Prozent

Weiterbildungen als Möglichkeit der Qualifizierung

Kasia Woźniak, Initiatorin von Match Talent for Women und Community Managerin, betont die Wichtigkeit von Weiterbildungsmaßnahmen in Digitalisierungs- und MINT-Berufen für zugewanderte Frauen. „Unsere Umfrage zeigt, dass Weiterbildungsmaßnahmen in Digitalisierungs- oder MINT-Berufen für zugewanderte Frauen sehr attraktiv sind. Das Potenzial dieser Branchen, die Lücke an Fachkräften zu schließen, ist also vorhanden. Das Angebot und die Nachfrage sind da, jedoch gibt es noch Herausforderungen beim Zusammenfinden. Die Umfrage zeigt auch, dass die Sichtbarkeit der Akteure gestärkt und deren Vernetzung verbessert werden muss. Dies sehen wir auch in unserer täglichen Arbeit bei Match Talent.”, erklärt sie.

Match Talent sieht daher den Bedarf an Schnittstellen, die beratend, unterstützend und vermittelnd zur Seite stehen. Die Initiative, die im Sommer 2022 ins Leben gerufen wurde, bietet Bildungsprogramme in Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern in Deutschland sowie sprachliche und interkulturelle Lernangebote an. Zusätzlich gibt es kostenfreie Karriereangebote, darunter Karriere- und Weiterbildungscoachings sowie Live-Events und ein Buddy-Programm.

Fazit

Die Umfrage zeigt deutlich, dass Migrantinnen eine wichtige Rolle bei der Schließung der Fachkräftelücke im Digitalisierungs- und MINT-Bereich spielen können. Mit gezielter Unterstützung und verbesserten Integrationsmaßnahmen können sie einen bedeutenden Beitrag innerhalb der deutschen Wirtschaft leisten. Initiativen wie Match Talent können dabei eine unterstützende Position einnehmen und Migrantinnen bei der Beratung einer passenden staatlich geförderten Weiterbildung zur Seite stehen. Wichtig ist besonders, die Potenziale der Personen gezielt zu fördern und die bestehenden Herausforderungen zu überwinden.